Sabine Rutar

SCHMUGGEL

Schmuggelwaren

I

n der Alpen-Adria-Region handelten die Einheimischen von je her heimlich mit Salz und gesalzenem Fisch, Vieh und Fleisch, Tabak und Wolle, Kaffee und Öl, Eiern, Milch und Käse und sogar Kohle. Auch während des Faschismus war das Schmuggeln eine gesellschaftlich akzeptierte Praxis der armen Leute. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Menschen noch einfallsreicher schmuggeln, da die neuen politischen Grenzen schwer zu überwinden waren: Die Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen waren gestört; es gab unterschiedliche Währungen, Lohnniveaus und Preise.

Triest war nun schwer zu erreichen; Tagespendlerinnen und -pendler waren ihrer Lebensgrundlage beraubt. In der Region wimmelte es von Militär und Polizei, die das Schmuggeln sanktionieren sollten. In der Praxis schauten sie aber oft weg oder waren gar selbst involviert. Bis Anfang der 1950er Jahre lebten viele Menschen von Lebensmittelkarten und verkauften hierdurch erhaltene Waren wie Zucker auf dem Schwarzmarkt. Auch für den Wiederaufbau benötigte Baumaterialien wurden oft illegal auf der anderen Seite der Grenze beschafft. Als mit dem Abkommen von Udine (1955) die lokalen Grenzübergänge zwischen Italien und Jugoslawien zu Wasser und zu Land geöffnet wurden, wurde das Schmuggeln wieder einfacher.

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Menschen

Menschen

Danilo Petrinja war eine führende Persönlichkeit in der Industrialisierung von Koper/Capodistria. In einem Interview aus dem Jahr 2000 erwähnte er, wie illegale Exporte nach und Importe aus Italien zur Elektrifizierung der istrischen Dörfer beitrugen. Ebenso war es billiger, Wasserleitungen über die Grenze zu bauen – ebenfalls auf illegale Weise.

© Nina Hofmann

Orte

Orte

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Im Mai 1950 berichtete der Slovenski poročevalec, dass Arbeiter die Trümmer im Kohlebergwerk in Sečovlje/Sicciole, Istrien, zu beseitigen begannen. Das italienische Graffito feiert die Ankunft Tito-Jugoslawiens (diese sollte erst 1954 erfolgen). Innerhalb der wenigen Jahrzehnte aktiven Bergbaus wechselten die Grenzen und mit ihnen die hier Kohle fördernden Unternehmen zweimal: von Italien (1930-40er Jahre) zu Nazi-Deutschland (1943-45) zu Jugoslawien (1950-70er Jahre).

© Pokrajinski muzej Koper

Praktiken

Praktiken

Aufgrund seines subversiven Charakters wird das Schmuggeln in schriftlichen Quellen nur dann erwähnt, wenn Personen erwischt wurden. Die CIA erwähnt solche Aktivitäten an der nordöstlichen Adria in ihren Berichten. Der Bericht belegt die trotz des Grenzregimes der Nachkriegszeit fortbestehenden Verbindungen zwischen Istrien und Triest. 

© CIA FOIA
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OPEN BORDERS: Cold War Europe Beyond Borders. A Transnational History of Cross-Border Practices in the Alps-Adriatic area from World War II to the present
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